Selten, oder fast noch nie wurde so viel und so kritisch über ein Freihandelsabkommen diskutiert und gestritten. Dabei ist Deutschland der Weltmeister der Freihandelsabkommen. Doch woran kann das liegen? Eine Analyse zu dem Transatlantic Trade and Investment Partnership (kurz TTIP).
Fragt man die Politiker, wissen viele gar nicht wovon sie reden oder gar was TTIP ausgeschrieben heißt. Aber bei einem sind sich die Minister und Abgeordneten der Großen Koalition sicher, TTIP verspricht Wirtschaftswachstum, Jobs und Steuern. Auch Dr. Heider, Abgeordneter der Union im Deutschen Bundestag, sieht das so: „Wir kommen jetzt in eine Konjunkturphase, in der die Wirtschaftskräfte nachlassen und wir tun gut daran uns schon heute zu überlegen, wenn in drei oder vier Jahren dieses TTIP Abkommen vielleicht zu Ende verhandelt ist und in Kraft tritt, wie wir es nutzen um die Wachstumsmärkte mit Impulsen zu versorgen.“
Es braucht ein gemeinsames Forum
Anders sieht es der EU-Referent von LobbyControl. Für ihn ist und bleibt TTIP eine Gefahr für unsere Demokratie. „Tatsächlich ist unsere Analyse, dass TTIP, in vieler Hinsicht, eine Gefahr für unsere demokratischen Institutionen hier in Europa und in Amerika darstellt.“ Damit steht er nicht alleine. Auch viele Linke und Grüne Politiker und Nichtregierungsorganisationen sehen in dem Abkommen eine Gefahr. Am Dienstag den 27. Januar verkündete der österreichische Europaabgeordnete Michel Reimon eine Entdeckung in den vorläufigen TTIP-Dokumenten.
So hat die EU-Kommission vorgeschlagen, nicht nur die „Harmonisierung der Finanzmarktregeln“, sondern auch „auch alle zukünftigen Regulierungen“ der Kontrolle durch die Parlamente der USA und der EU-Mitgliedsländer zu entziehen und sie in die Hände eines regelmäßig tagenden „gemeinsamen Forums“ zu legen. Das bedeutet, dass die Parlamente den Finanzmarkt nicht mehr regulieren können. Also genau das, was die Regierungen nach der Bankenkrise und der Rettung des Finanzmarktes taten, um den teilweise ominösen Geschäften vorzubeugen.
Mitspracherecht der USA bei EU-Regulierungen
Ein Fakt sorgt zudem für weiteres Aufsehen. So sollen die USA Mitspracherecht bei Gesetzesänderungen in Europa bekommen. Neue Verbraucherschutzregeln und Umweltstandards der EU, des Bundes und der Länder müssten dann zukünftig vorab einer „zentralen Anlaufstelle“ der USA vorgelegt werden.
Doch etwaige Probleme scheinen den Firmen und großen Verbänden einerlei zu sein, bringt ein Freihandelsabkommen doch viel frisches Geld in das Unternehmen und somit Arbeitsplätze.
„Ja zu TTIP“ oder doch lieber Nein?
VDMA-Präsident Festge sieht deshalb das Abkommen positiv, wenn er sagt: „Wenn wir TTIP nicht bekommen, dann kriegen wir noch mehr Konkurrenz aus anderen Ländern und dann werden wir in Deutschland nur noch zwei Möglichkeiten haben. Entweder unsere Firmen investieren mehr in den USA, um dort vernünftig arbeiten zu können, oder wir werden hier weniger Arbeit haben. Das ist ein ganz klarer Fall.“ Auch die Automobilbranche setzt auf das Abkommen und macht dafür Stimmung. So trafen sich die acht großen Chefs der deutschen Automobilindustrie am Montag in Berlin und hielten lächelnd den Schriftzug „Ja zu TTIP“ in die Kameras.
Das TTIP nicht besonders populär ist, weiß auch Bundeswirtschaftsminister Gabriel. So versucht er immer wieder sich positiv dafür einzusetzen, so wie er es dem Maschinenbau versprochen hatte. Das Wirtschaftsministerium gründete extra einen Beirat, um den Widerstand gegen das Freihandelsabkommen auszubremsen. Doch nun verfassen Mitglieder dieses Gremiums einen Brandbrief gegen die Pläne.
Im Video: TTIP – Das undurchsichtige Freihandelsabkommen, ERKLÄRT
Titelbild: Flickr; CC-Lizenz – STOP_TTIP : https://www.flickr.com/photos/eci_ttip/15503726345
