Zwölf Geräte stehen in einem Kreis. Auf jedem von diesen sitzt eine Person, die eine bestimmte Bewegung ausführt. Einer drückt mit beiden Armen einen Hebel nach oben, jemand anders schiebt mit den Beinen eine Platte von sich weg. In der Mitte des Kreises steht eine Wassersäule, in der es blubbert. Wenn das Blubbern aufhört, stehen alle auf, ziehen eine Chipkarte aus dem Gerät und setzten sich jeweils auf das Gerät links von ihnen. Dort stecken sie die Chipkarte erneut hinein und nachdem die Wassersäule angefangen hat zu blubbern, wiederholt sich der Vorgang.
Dies spielt sich derzeit in vielen Fitnessstudios auf der ganzen Welt ab. Dabei handelt es sich um ein spezielles Zirkeltraining: den Milon-Zirkel.
Ans Zirkeltraining erinnern sich die meisten noch aus der Schule, auch wenn diese Erinnerungen eher von Langeweile geprägt sind. Das erste Zirkeltraining wurde vor 60 Jahren an der Universität von Leeds entwickelt und hat sich im Grundaufbau bis heute nicht verändert. Verschiedene Stationen mit unterschiedlichen Übungen befinden sich ein einem Kreis. An jeder dieser Stationen führt jemand eine bestimmte Übung aus. Sobald ein Signal, sei es von einem Trainer oder auch von einer blubbernden Wassersäule kommt, wechseln alle ihre Station. Die Vorteile davon sind, dass viele Übungen in kurzer Zeit absolviert werden und viele Sportler auf engem Raum Platz haben. Gerade Fitnessstudios versuchen deshalb ihren Kunden die eher eintönigen Zirkeltrainings schmackhaft zu machen und setzten auf Erfindungen wie den Milon-Zirkel.
Dieser ist eine bereits sehr professionalisierte Variante eines Zirkels. Bei den einzelnen Geräten ist nicht nur die Muskelgruppe, sondern auch die Bewegung exakt vorgegeben. Dies reduziert die Gefahr einer falschen Ausführung und macht Verletzungen unwahrscheinlich. Für alle großen Muskelgruppen, wie Bauch, Beine, Rücken und Bizeps ist jeweils ein anderes Gerät zuständig. Das einzige, was variiert, sind die Gewichte, die der Trainierende individuell einstellen kann. Bevor mit dem Training begonnen werden kann, muss jede einzelne Station zusammen mit dem Trainer angepasst werden. Das heißt, sie wird auf die Körpergröße eingestellt und das Anfangsgewicht wird bestimmt. Danach kann ohne einen Trainer weiter gemacht werden, da alle Einstellungen auf einer Chipkarte gespeichert sind und die Gewichte selbständig eingestellt werden können. Auch die Trainingszeit ist exakt festgelegt. In der Mitte des Zirkels steht eine Wassersäule. Diese blubbert 40 Sekunden und ist danach 30 Sekunden still. Während es blubbert wird trainiert, dazwischen das Gerät gewechselt. Eine Runde dauert nur 14 Minuten, ein komplettes Training 30 bis 45 Minuten.
Für ein Ganzkörpertraining ist das ein sehr geringer Zeitaufwand. “Zeit sparen vor allem die Trainer“, so Bodybuilder John. Er betreibt seit einigen Jahren Bodybuilding und verlässt sich dabei eher auf Freihanteltraining. Vom Milon-Zirkel hält er wenig. Dieser fördert einen Trend, bei dem die Fitnessstudios in teure Geräte investieren und am Personal einsparen. Unlogisch erscheint dies nicht, da der Zirkel erst mal eine sehr kostenintensive Investition ist und das Geld irgendwo wieder rein geholt werden muss.
Auch findet er, ist das Training viel zu einseitig. Die genau vorherbestimmte Bewegung reduziert zwar die Verletzungsgefahr, nimmt aber auch die positiven Effekte, die es beim Freihanteltraining gibt. Die Hantel muss zwar frei in der Luft balanciert werden, aber dadurch werden dann viele kleine Muskelgruppen trainiert, die ansonsten vernachlässigt werden würden. Außerdem wird dabei nicht nur Kraft, sondern auch noch Koordination trainiert.
Der Diplom-Sportwissenschaftler Henrik Witte hält die Kritik zwar für übertrieben, aber nicht gänzlich falsch. “Muskeln brauchen neue Reize“. Demnach darf der Milon-Zirkel nicht als ausschließliche Lösung gesehen werden, die jedes andere Training unnötig macht. Er selbst betreibt ein Fitnessstudio und setzt dort auch auf den Milon-Zirkel. Überzeugt hat ihn vor allem eine Trainingsoption, die es sonst nirgends gibt.
Bei jedem Muskeltraining gibt es immer eine konzentrische und eine exzentrische Phase. Bei einer Hantel wäre dies das Heben und das Senken der Hantel. Nun ist es aber so, dass bei der exzentrischen Phase, also dem Senken der Hantel, der Kraftaufwand deutlich geringer ist. Der Muskel benötigt beim Entspannen weniger Kraft, als beim Anspannen. Der Milon-Zirkel nutzt dies nun aus, indem er in der exzentrischen Phase den Widerstand erhöht. Anschaulich erklärt: Bei einem Bizepstraining hätte eine Hantel beim Heben immer 20 Kilogramm und beim Senken immer 30 Kilogramm. Dies ist möglich, da der Widerstand nicht durch Gewichte, sondern einen elektronischen Motor erzeugt wird. Mit einer normalen Hantel wäre das unmöglich, da bei jedem Heben und Senken die Gewichte ausgetauscht werden müssten. “Diese Kombination aus konzentrischem und exzentrischem Training ist ein Alleinstellungsmerkmal des Milon-Zirkels“, so Henrik Witte.
Dass der Zirkel die Trainer überflüssig machen könnte, hält er für unwahrscheinlich. Schließlich sei der Zirkel nur eine weitere Trainingsoption in einem Fitnessstudio. Dieser könne weder den Freihantel-, noch den Ausdauerbereich ersetzen. Letztendlich sei bei jedem Fitnesstraining Abwechslung das Entscheidende. So sagt Henrik Witte: „Das perfekte Training gibt es nicht. Ein Sportler sollte niemals zu lange das gleiche Training absolvieren, da sonst die neuen Reize fehlen und die Leistung stagniert.“
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