Am 30. November startet in Paris die 21 UN-Klimakonferenz. Inwieweit der Klimawandel schon heute die Wirtschaft betrifft, erklärt Ernst Rauch von Munich Re im Interview.
Zur Person: Ernst Rauch ist Geophysiker und arbeitet bei dem Rückversicherer Munich Re. Dort leitet er die Abteilung „Corporate Climate Change“.
Was ist die Rolle der Versicherungswirtschaft in der Klimadebatte?
Die Versicherungswirtschaft begleitet die Klimadiskussion, da es ihr Kerngeschäftsfeld betrifft. Die Übernahme von Risiken, Wetterrisiken, Klimarisiken – ist Teil unseres Kerngeschäfts und deshalb muss es uns auch interessieren, wie diese Verhandlungen ausgehen. Auf der Basis dieser Ergebnisse ziehen wir dann entsprechende Konsequenzen für die weitere Geschäftsentwicklung.
In Paris findet bald der Weltklimagipfel statt – was wünschen Sie sich und was erhoffen Sie sich?
Ich würde mir wünschen, dass Paris tatsächlich zu relevanten Ergebnissen führt. Im Hinblick auf das Ziel, die globale Temperaturerwärmung auf weniger als zwei Grad zu begrenzen. Ich würde mir wünschen, dass die Frage der Finanzierung für Anpassungsmechanismen, gerade für Entwicklungs- und Schwellenländer auch zu einer guten Lösung kommt. Das sind aber Wünsche, ob diese tatsächlich so eintreffen, da bin ich deutlich skeptischer. Wir wissen jetzt, dass die INDC’s – die freiwilligen Emissionsreduktion-Zusagen nicht ausreichen werden das zwei Grad Ziel zu erreichen. Es muss in Paris also viel geschehen, um dieses Ziel noch zu erreichen.
Was kostet der Klimawandel die Wirtschaft?
Das kann man nicht quantifizieren und schon gar nicht über lange Zeiträume hinweg. Zu der Frage gibt es heute keine klare Antwort, es gibt viele Studien dazu, aber auch mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Was muss die Bundesregierung noch unternehmen, um dem Klimawandel entgegenzutreten?
Die Politik hat sich sehr deutlich, sowohl in Deutschland wie in den G7 dazu geäußert, was sie erreichen möchte. Erstens, dass die Welt sich nicht um mehr als zwei Grad erwärmt, das ist das sogenannte zwei Grad Ziel. Zweitens, dass die Dekabonisierung in den G7 Ländern im wesentlichen bis 2050 – also in den kommenden 35 Jahren – erfolgt ist und dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigt wird. Das sind drei wesentliche politische Zielsetzungen, die alle für sich sehr vernünftig sind und die alle dazu beitragen, wenn sie umgesetzt werden, dass Schäden aus Klimawandelereignissen nicht in einer Dimension ansteigen, die schwer beherrschbar ist.
Wie hoch ist der Druck den Munich Re auf die Politik ausübt?
Wir üben gar keinen Druck aus, dass ist auch nicht Teil unserer Geschäftstätigkeit. Wir informieren, wir machen transparent, welche Schäden wir beobachten, welche Schäden es weltweit gibt und wie sich diese verändert haben. Diese Informationen geben wir an die Politik weiter.
Die Politik will bis 2020 40-Prozent Dekabonisierung und bis 2050 soll die Dekabonisierung schon bei 90-Prozent sein. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ziele erreicht werden?
Hier muss unterschieden werden zwischen der nationalen Ebene und internationalen Ebene. In Deutschland werden wir voraussichtlich viele der Ziele bis 2020 und darüber hinaus erreichen. Insbesondere was den Ausbau der Erneuerbaren betrifft sind wir gut aufgestellt. Wir sind zum Teil über den Planungen. Hier bin ich sehr optimistisch. Was die Dekabonisierung betrifft, also den Rückgang der CO2-Emissionen, ist die aktuelle Situation im Jahr 2015 so, dass es Risiken gibt, die Ziele bis 2020 zu erreichen. Da bin ich weniger optimistisch.
China, die OPEC-Starten und weitere stoßen immens viel CO2 in die Luft und bauen dies noch aus. . Wie ist das Klimaziel weltweit überhaupt erreichbar, wenn Staaten wie China immer weiter und immer mehr CO2-Emissionen erzeugen.
China hat sich im Rahmen der INDC’s dahin gehend verpflichtet, spätestens im Jahr 2030 das Maximum ihrer Emissionen zu erreichen. Das ist zunächst einmal eine starke politische Aussage, die vor einigen Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre. Andererseits sind die Unsicherheiten die sich daraus ergeben, besonders im Hinblick auf das zwei Grad Ziel ganz erheblich. Ich bin aber was China betrifft ein Stück weit optimistisch. Zwar weniger über den Ansatz Klimaschutz, sondern mehr über den Ansatz genereller Umweltschutz. Wer heute in den Großstädten Chinas unterwegs ist realisiert, dass die Luftqualität äußerst problematisch geworden ist. Ich glaub die wachsende Mittelschicht in China wird sich dazu äußern und Druck auf die Politik ausüben.
Gibt es ein Land, das sie als den Klotz am Bein beschreiben würden?
Nein, und ich glaube es hilft auch gar nicht mit dem Finger auf jemanden zu zeigen. Oder zu sagen: Dieses Land oder jenes Land ist besonders gut oder besonders schlecht. Es gibt Länder, in denen mehr passiert und Länder, in denen weniger getan wird. Aber am Ende muss jedes Land selbst entscheiden.
Vielen Dank für das Interview
In Paris findet vom 30. November bis 11. Dezember die 21. UN-Klimakonferenz statt
