Ein Interview mit dem ehemaligem Parteivorsitzenden der CSU Erwin Huber zum Thema Flüchtlinge, Europa und Datenschutz.
Herr Huber, sie sind seit einigen Jahren Politiker, seit einigen Jahren im Landtag. Sie haben einige Krisen miterlebt. Was sagen Sie zu der derzeitigen Situation? Krise, Chance, Herausforderung und wie können wir das bewältigen?
Huber: Ja, ich hab in der Tat schon vieles mitgemacht, auch die deutsche Einheit. Seinerzeit gab es ja auch sehr viele, die sehr skeptisch waren, ängstlich waren. Schaffen wir das? Aber es gibt ja nie ein Ende. Es gibt immer neue Probleme, neue Herausforderungen. Natürlich stellt uns jetzt die Flüchtlingsfrage, die Migration vor riesige Herausforderungen in ganz Europa. Ich hoffe, dass Europa zusammen steht, dann werden wir das auch wieder bewältigen können.
Was muss Deutschland und insbesondere Bayern tun, um die derzeitige gute wirtschaftliche Position beizubehalten über die nächsten Jahre?
Ja vor allem dürfen wir uns nicht zurücklehnen und den Erfolg feiern, denn die Dynamik in der Wirtschaft war noch nie so hoch wie jetzt. Es wird jeden Tag etwas Neues entwickelt, es wird jeden Tag etwas Neues auf den Markt gebracht und nur wer mit an der Spitze ist, wird auch weiterhin erfolgreich sein. Das heißt wir müssen unsere Innovationsfähigkeit erhalten, die Wettbewerbsfähigkeit. Und das bedeutet ständige Veränderung, ständige Neu- und Weiterentwicklung. Und deshalb sind wir da auch gefordert von der Ausbildung, über die Hochschulen in Forschung und den unternehmerischen Bereich und wir sind gut im Lauf glaub ich.
Ein Problem, das Deutschland immer hat, ist der Datenschutz. Wir Deutsche sind zu kritisch beim Thema Datenschutz. Wie sehen Sie das? Sind wir zu kritisch und verhindern damit Weiterentwicklungen im informationstechnologischen Bereich, oder sind wir genau richtig kritisch, dass wir sagen, erst müssen wir unsere Daten schützen und dann können wir wieder entwickeln.
Das ist eine Ambivalenz, die wir haben. Zum einen fordern die Bürger mehr Datenschutz, vor allem auch der persönlichen Daten. Auf der anderen Seite erlebe ich zugleich wie offen und fast hemmungslos sie sich bis in den Intimbereich hinein in den sozialen Medien darstellen. Das passt irgendwie nicht zusammen. Wir brauchen eine Europäisierung des Datenschutzes. Natürlich muss der Einzelne geschützt sein, dass nicht einfach seine persönlichen Daten und Umstände vermarktet werden. Auf der anderen Seite brauchen wir auch Transparenz. Ich hoffe, dass wir europäisch eine sinnvolle Regelung jetzt hinbringen.
Da sind wir schon beim Thema Europa. Europa wächst nicht zusammen, es wirkt mehr, als würde sich Europa spalten. Einerseits Orbán in Ungarn und jetzt die neue polnische Regierung, andererseits Griechenland. Wie kann man es schaffen Europa wirtschaftlich zu stabilisieren und zusammen zu bringen?
Wirtschaftlich haben wir ja mit der Stabilisierung des Euro ein großes Werk geschafft. Das ist noch nicht zu Ende, aber ich glaube, dass man heute sagen kann, der Euro ist so aus der Krise heraus. Den Binnenmarkt müssen wir weiter entwickeln und stärken. Vor allem muss die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Länder, vor allem auch großer, wie Frankreich, wie Italien, verbessert werden. Das ist der eine Teil. Aber ich habe die Sorge, die in Ihrer Frage anklingt, genau so, dass der nationale Egoismus immer stärker in den Vordergrund tritt. Dass die Solidarität und das Miteinander, die soziale Einstellung, die Partnerschaft darunter leidet. Die Diskussion im Vereinigten Königreich mit Brexit ist ein Beispiel dafür. Und auch in anderen Ländern sind die nationalen Egoismen stärker geworden. Es könnte sein, dass dieses großartige Einigungswerk der letzten 70 Jahre in Gefahr ist. Und da sind wir, die Bürger gefordert, aber auch die Politiker. Ich hoffe, dass Europa zu mehr Miteinander, zu mehr Partnerschaft findet und das Gegeneinander und die nationalen Egoismen zurückdrängen kann.
Ihr Kollege im Bundestag, Finanzminister Schäuble, und seine schwarze Null. Sie wird von Wirtschaftswissenschaftlern oft kritisiert. Halten Sie es für wirtschaftlich sinnvoll eine schwarze Null zu halten in einer Situation, wo erst letztes Jahr über 1 Million Flüchtlinge ankamen, die integriert werden müssen und die auch tatsächlich in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden müssen, was ja alles kostspielig ist?
Wir haben ja nun in Bayern begonnen mit dem so genannten ausgeglichenen Haushalt und zwar schon 2006. Und haben seitdem in diesen zehn Jahren keine Schulden aufgenommen, sondern getilgt. Ich halte das für notwendig. Und auch deshalb die schwarze Null beim Bund, weil wir im Sinne von Generationengerechtigkeit heutige Aufgaben nicht finanzieren dürfen, indem wir die Last auf Kinder und Enkel verlagern. Deshalb ist das Ziel der schwarzen Null, möglicherweise gar von Überschüssen, eminent wichtig und ein historisches Ziel. Nun kann man davon ausgehen, dass im Jahr 2015 der Bundesfinanzminister sogar einen Überschuss zwischen 10 und 15 Milliarden erwirtschaftet hat, was eine großartige Leistung ist. Wir hatten im Jahr 2009 80 Milliarden Schulden und jetzt einen Überschuss in dieser kurzen Zeit. Und deshalb glaube ich, dass wir die Fähigkeit haben auch diese großen finanziellen Belastungen durch Migration und vor allem durch Integration zu schultern und daraus auch ein Modell zu machen. Wenn wir die Flüchtlinge integrieren, auch in den Arbeitsmarkt, tragen sie auch zum wirtschaftlichen Wachstum bei. Das wird ein langer Weg sein, aber ich bin überzeugt davon, dass wir das auch bei finanzieller Stabilität schaffen können.
Mehr als nur starke Worte? Ja oder Nein?
Mehr als starke Worte, jaja, da gehört schon Anstrengung dazu und die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen.
40 Jahre Politiker, auf was blicken Sie zurück?
Dass Bayern in diesen 40 Jahren einen großartigen, in aller Welt bewunderten, Weg gemacht hat. Ich konnte einen kleinen Beitrag dazu leisten und darauf bin ich stolz.
2018 hören Sie auf. Irgendwas, das Sie noch erreichen wollen, wo Sie sagen, das will ich noch schaffen, das ist mein letztes Ziel?
Ja das hab ich. Und zwar den Bau der dritten Startbahn am Flughafen München, weil ich glaube, das ist für ganz Bayern von eminenter Bedeutung. Wir brauchen ein internationales Drehkreuz und der Flughafen München entwickelt sich prächtig. Wir brauchen natürlich auch Nürnberg, ist ja gar keine Frage. Aber mein persönliches großes Ziel, weil hier Entscheidungen anstehen, ist diese dritte Startbahn noch auf den Weg zu bringen.
Danke für das Interview.
