Befragt man die Experten der Branche, so ist Industrie 4.0 ein wesentliches Instrument, um den Maschinenbau in Deutschland voran zu treiben. Nach drei Jahren diskutieren diese nun, ob sich das auch wirtschaftlich lohnt.
Die Experten treffen sich in Nürnberg
Industrie 4.0 ist als Zukunftsprojekt der Automatisierungs- und Fertigungsindustrie nunmehr seit 2011 in aller Munde. Dies gilt insbesondere natürlich bei deutschen Unternehmen, immerhin kam der Anstoß von der Bundesregierung. Dementsprechend verwundert es nicht, dass die vierte industrielle Revolution auf den Fachmessen 2014 zentrales Thema ist. So auch auf der führenden Messe für Antriebs- und Automatisierungstechnik SPS IPC Drives, die momentan vom 25. bis 27. November in Nürnberg stattfindet.
Dort haben sich zu einer Podiumsdiskussion Vertreter aus Industrie und Verbänden getroffen und versucht die Frage zu beantworte, was Industrie 4.0 dem Maschinenbau eigentlich bringt. Mit dabei waren Volker Bibelhausen von der Bosch Rexroth AG, Rainer Glatz vom VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau), Dr. Peter Stephan von der Wittenstein AG, Klaus Bauer von Trumpf Werkzeugmaschinen und Thomas Pilz von der Pilz GmbH & Co KG. Die Moderation übernahm Martin Ciupek von den VDI (Verein Deutscher Ingenieure) Nachrichten.

Industrie 4.0 steht noch am Anfang
Als Wettbewerbsstrategie der deutschen Automation hat dieses Konzept, das auch für viele aus der Industrie selbst oft noch ein wenig abstrakt scheint, letztendlich die Aufgabe den deutschen Maschinenbau konkurrenzfähig zu halten. Es soll ganz konkret wirtschaftlich Gewinn erzeugt werden. Doch hier liegt schon das erste Problem bei der eingangs gestellten Frage. Nach drei Jahren in denen dieses Projekt läuft, „lässt Industrie 4.0 sich noch gar nicht wirklich rechnen und die Folgen sich noch nicht abschätzen“, wie Volker Bibelhausen einwirft.
Man brauche Demonstratoren, sogar ganze Demonstrationszentren, um die neu gewonnenen Möglichkeiten den Kunden, besonders aus dem Mittelstand, nahe zu bringen. In der Tat ist nämlich durch neue Technologien schon viel möglich, nun muss nur noch damit begonnen werden, diese auch einzusetzen. Auch wenn man das Ganze als vierte industrielle Revolution bezeichnet, handelt es sich doch eher um eine Evolution, die noch ganz am Anfang steht.
Einerseits ist es vielleicht einfach noch zu früh, um einen Strich unter die Rechnung zu machen, andererseits bemerkt Rainer Glatz vom VDMA, dass man das „nicht rechnen können“ durchaus wörtlich nehmen kann. Denn in der Betriebswirtschaft fehlt oft noch der Zugriff auf das Thema und vielleicht täte hier sogar der ein oder andere Lehrstuhl mit entsprechender Ausrichtung ganz gut. Damit ergeht ein klarer Hinweis in Richtung Interdisziplinarität. Natürlich können die deutschen Unternehmen nur dann mit einem Umschwung, wie er eine industrielle Revolution mit sich bringt, erfolgreich sein, wenn dieser alle Unternehmensbereiche umfasst. Was in der Sache also bisher primär ingenieurtechnisch thematisiert wird, endet mit Sicherheit nicht beim Maschinenbau.
Eine Investition die sich lohnt
Aber noch einmal zurück zum Geld. Die Bundesregierung hat den Prozess um Industrie 4.0 nicht nur mit initiiert, sie fördert ihn auch massiv. Dr. Peter Stephan von der Wittenstein AG sagt: „Diese Förderung ist eine Einstiegshilfe.“ Langfristig müsse sich das Ganze aber selber tragen. Aus diesen Worten lässt sich schließen, dass dies bisher wohl noch nicht der Fall ist. Diesen Umstand erklärt Klaus Bauer von Trumpf Werkzeugmaschinen. Die Gelder, die hier fließen, würden der Innovationsforschung dienen. Diese sei nicht nur teuer, sondern auch risikobehaftet. Dieses Risiko wird durch die Unterstützung reduziert und beschleunigt damit die den Innovationsfortschritt. Besonders Deutschland, das international durch Know-how punktet, darf hier nicht den Anschluss verlieren.
Nicht umsonst hat der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom auf dem achten nationalen IT-Gipfel in Hamburg gesagt, dass Deutschland und ganz Europa die Digitalisierung bisher verschlafen habe. Jetzt gilt es wieder aufzuholen und in dem Bereich voranzuschreiten, wo die Bundesrepublik noch stark ist, nämlich in der Industrie und im Maschinenbau.
Zusammengefasst kann man also sagen, dass es zu früh wäre, eine Bilanz zu ziehen und wollte man es doch tun, so wäre sie negativ. Sicherlich gibt es hier und da schon Beispiele, in denen die Errungenschaften der Industrie 4.0 erfolgreich angewendet werden. Doch so lange man nicht insbesondere den Mittelstand mit an Bord holt und die Abnehmer des Maschinenbaus für die praktischen Möglichkeiten begeistert, wird die Rechnung nicht aufgehen. Beim Fazit der Teilnehmer der Podiumsdiskussion ist man zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen. Besonders Thomas Pilz von der Pilz GmbH ist guter Dinge, da die Basistechnologien vorhanden seien, die Vision Industrie 4.0 auch mit Hilfe des Staats weiterentwickelt werden kann und man am Ende gut dastehen wird.
