Als Politiker gab Helmut Schmidt den Krisenmanager und Weltökonomen. Als Pensionär den Publizisten und edlen Staatsmann. Er war Pragmatiker, Denker und leidenschaftlicher Streitredner.
Im Alter von 96 Jahren verstarb Altbundeskanzler Helmut Schmidt am zehnten November 2015.
Operation im September
Der Sohn eines Volksschullehrers war am 23. Dezember 1918 im Arbeiterviertel Barmbek der Hansestadt zur Welt gekommen. Er leitete die Geschäfte der damals noch gespaltenen Bundesrepublik als fünfter Kanzler von 1974 bis 1982.
Anfang September wurde Schmidt wegen eines Blutgerinnsels am Bein operiert worden. Nach gut zwei Wochen verließ er das Krankenhaus auf eigenen Wunsch und kehrte in sein Haus in Hamburg-Langenhorn zurück. Dort wurde er rund um die Uhr betreut.
Am Montag sagt Leibarzt Greten der „Bild“-Zeitung dann: „Sein Körper hat kaum noch Widerstandskräfte.“
RAF-Terror und EU
Als Kanzler war der Diplomvolkswirt unter anderem mit der weltweiten Ölkrise in den Siebzigerjahren und dem Kampf gegen den Terrorismus der „Roten Armee Fraktion“ konfrontiert. Auch die Auseinandersetzung um den Nato-Doppelbeschluss prägte Schmidts Kanzlerschaft.
Gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing verbesserte Schmidt die deutsch-französischen Beziehungen und verwirklichte entscheidende Schritte hin zur weiteren europäischen Integration. In seine Amtszeit fällt die Etablierung des Europäischen Rates, die Einführung des Europäischen Währungssystems und der Europäischen Währungseinheit (ECU), die als Vorläufer der Währungsunion gilt. Ebenso ging die Gruppe der 7 (G7) auf eine Idee Schmidts und Giscard d’Estaing zurück.
Die besten Schmidt-Sprüche
- Über Verteidigungsminister Strauß
- Über sein Talent
- Über das Älterwerden
- Über E-Zigaretten
- Über sein Alter
- „Es gibt Irrtümer, es gibt Fälschungen und es gibt Strauß-Reden“
„Für intelligente Zwischenrufe bin ich besonders dankbar – hier entfaltet sich mein rhetorisches Talent.“
- „Das 67 Lebensjahr ist eine interessante Etappe, aber nur eine Etappe. Denn die Leute werden nächstes Jahr, im Schnitt, alle ein bisschen Älter als dieses Jahr.“
- „Darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht und das möchte ich auf die Schnelle auch nicht tun, Herr Schreiber. Das muss man anderen überlassen so etwas zu beurteilen.“
- „Ich ziehe normale Zigaretten vor“
- „Ich befinde mich im 97 Lebensjahr und es ist ein Kennzeichen alter Leute, dass sie Skeptiker werden. Es gibt keine Optimisten unter 97-Jährigen.“
Schmidt und Strauß
Sein Spitzname „Schmidt-Schnauze“, den er bei politischen Gegnern hatte, geht auf den Anfang seiner Karriere im Bundestag als Militärexperte der SPD zurück. Damals lieferte er sich heftige Wortgefechte mit dem damaligen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß.
So sagte Schmidt einmal: „„Es gibt Irrtümer, es gibt Fälschungen und es gibt Strauß-Reden.“
Nach seiner Kanzlerschaft
Im Herbst 1982 scheiterte die von Schmidt geführte Koalition mit der FDP an Differenzen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Geistig und politisch aber blieb der fünfte Kanzler der Bundesrepublik auch mehr als 30 Jahre nach seinem Sturz als respektierter „Elder Statesman“ präsent – oft mehr geachtet als geliebt.
Noch im Juni 2015 mischt er sich in die aktuelle Griechenland-Politik ein. Er lobt Kanzlerin Merkel, die „mit der deutschen Führungsrolle in dieser Krise sehr vorsichtig umgegangen“ sei. Zum anderen fordert er ein europäisches Investitionsprogramm und einen Schuldenschnitt für Griechenland.
Im Video: 9. November – Der Schicksalstag der Deutschen
