Der syrische Bürgerkrieg dauert nun schon vier Jahr an. Eine neue Studie gibt Aufschluss darüber, warum viele Soldaten noch immer für Assad kämpfen.
Als der „Arabische Frühling“ 2011 Syrien erreichte, stellten sich viele Syrer gegen Assad, protestierten und demonstrierten gegen sein Regime. Die Antwort von Assad kam prompt, er versuchte den Aufstand blutig niederzuschlagen und scheiterte dabei. Ein Grund dafür ist, dass viele syrische Soldaten ihren Schießbefehl nicht befolgten und stattdessen die Seite wechselten. Der syrische Bürgerkrieg hatte begonnen.
Das also ist passiert – ebenfalls erwähnenswert ist auch, was eben nicht passierte.
Das passierte nicht
Während viele Soldaten desertierten und für die Freie Syrische Armee kämpften, desertierten wenige mittlere und hohe Offiziere. Ansonsten wäre Assad wahrscheinlich nach wenigen Wochen gestürzt gewesen.
Das kann am Beispiel Ägyptens nachvollzogen werden. Als in Kairo die Menschen gegen Husni Mubarak auf die Straße gingen, schickte auch dieser Diktator sein Militär nach vorne. Aber alle militärischen Ränge fühlten sich dem ägyptischen Volk verpflichtet und wendeten sich gegen Mubarak – trotz seiner eigenen militärischen Laufbahn und seinem hohen Ansehen innerhalb des ägyptischen Militärs.
Anders passierte es in Syrien, große Teile des Militärs hielten dem Diktator die Treue.
Die Gründe dafür
Ein oft genannter und auch richtiger Grund ist das Sektierertum Syriens, von Assad mit unterstützt. Assad gehört einer religiösen Minderheit, den Alawiten an. Viele der hohen Offiziere und hohen Staatsbeamten sind ebenfalls Alawiten, die vom Assad-Clan in die Positionen gebracht wurden, mit dem Glauben, dass Alawiten anderen Alawiten gegenüber loyaler sind. Zudem schürte das Regime den Hass der überwiegend sunnitischen Bevölkerung auf die Alawiten, dies passierte durch Ausgrenzung – weniger Aufstiegschancen und ähnlichem.
Ein Faktor, der kaum beachtet wird, ist jedoch genauso wichtig – wenn man nachvollziehen will, warum große Teile der syrischen Armee dem Regime immer noch loyal sind. Viele der hohen syrischen Militärangehörigen leben in einem extra Militärviertel, dem Dahiet al-Assad – dem Assad-Viertel. Eine neue Studie des „Carnegie Middel East Centers“ hat sich dem Thema gewidmet.
Laut der Studie dienen dieser Wohnkomplex als Anreiz für Soldaten loyal zu bleiben. Der Grund dafür: Diese Wohnungen und Häuser, sowie soziale Leistungen vor Ort und Möglichkeiten hätten die Einwohner sonst normalerweise nicht und wollen diese daher auch nicht aufgeben.
Der Einzelne zählt und nicht die Gemeinschaft
Ein besonderen Aspekt hebt der Autor zudem hervor. So beschenkte und förderte der Assad-Clan immer das Individuum und nicht die Gemeinschaft – dadurch konnte Missgunst und Neid innerhalb einer Riege (z.B. mittlere Offiziersränge) entstehen.
„Über Jahrzehnte hinweg, war die persönliche Belohnung eines der stärksten Instrumente des Assad-Regimes, die Kontrolle über das Militär und andere staatliche Institutionen zu erhalten.“, schreibt der Autor Kheder Khaddour.
Zudem verbreite Assad gezielt Lügen innerhalb des nach ihm benannten Viertels – so entstand der Mythos, dass Kinder von Militärangehörigen – die in Dahiet al-Assad wohnen entführt und getötet werden, von Gegner des Regimes. Dadurch fühlten sich die Soldaten persönlich angegriffen und bedroht und verteidigten den Diktator weiter.
„Die Isolation und Beeinflussung der Dahia-Einwohner führte dazu, dass die Armeeoffiziere und ihre Familie glaubten, die Demonstranten stellen nicht nur eine unmittelbare Gefahr für das Regime dar, sondern auch für sie persönlich“, so Khaddour weiter.
Isolation von der Gesellschaft
Außerhalb des geschlossenen Viertels wurden die Einwohner von Dahia abschätzig als jaysh abu shehata – „Sandalen-Träger Armee“ bezeichnet. „Für die Gesellschaft außerhalb des Militärviertels, waren die Soldaten ungebildet, zurückgeblieben und ihnen wurde ein geringer sozialökonomischer Hintergrund vorgeworfen“, so Khaddour.
Die Offiziere innerhalb des Viertels fühlten und dachten genauso über die „zurückgebliebenen und oftmals bäuerlich lebenden Syrier“.
Neben dem oft genannten Sektierertum ist dies mit ein Grund dafür, dass Assad sich bis heute in Syrien halten kann.
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