Über nichts in der Welt lässt sich so gut streiten, wie über Militär. EU-Kommissionspräsident Juncker hat nun die Europaarmee ausgegraben. Ist eine gemeinsame Armee eine gute Idee? Eine Analyse in drei Punkten.
Punkt I: Effizienz
Summa summarum unterhalten die europäischen Armeen ein Kontingent von 1,9 Millionen Soldaten. Dies entspricht 150 Prozent der US-Army. Doch im Gegensatz dazu ist die europäische Verteidigungsfähigkeit weitaus schlechter. Sie entspricht nur knapp zehn bis fünfzehn Prozent der USA. Warum ist dem so? Die verschiedenen Mechanismen der einzelnen Staaten und die Handhabung der Soldaten sind dafür mitverantwortlich. Während die USA über alle Soldaten entscheiden kann und somit effektiv handeln, entschieden in Europa 28 EU-Staaten einzeln über ihre Kontingente. Das geht mal schneller, mal langsamer. Eine gemeinsame Armee unter einer EU-Institution könnte da effektiver handeln.
Weiter gäbe es große finanzielle Vorteile. Analysten rechnen mit 25 Milliarden Euro Einsparungen, bei einem trotzdem effizienteren Herr. Auch einzelne Probleme kommen so nicht mehr groß zum Tragen. Als in Holland die Panzer nicht mehr fuhren, musste auf Deutsche Leopard Panzer umgestiegen werden. Im Gegenzug konnten sich die Bundeswehr mit Leihhelikoptern der Niederländer über Wasser halten.
Punkt II: Europäische Integration
Eine europäische Armee wäre nicht nur Effizient, sondern auch Symbolträchtig. Es wäre eine Wende nach hunderten von Jahren innereuropäischen Kriegen. Immer wurde aufgerüstet, um dem Nachbarn überlegen zu sein. Welch ein Friedenssymbol wäre genau jetzt eine gemeinsame Armee, welch eine immense Verantwortung. Ein Zeichen für die Wertschätzung Europas und ein klares Nein zu allem kleinstaatlichen Denken.
Eine gemeinsame Flagge, eine gemeinsame Regierung, eine gemeinsame Hymne – nun könnte noch eine gemeinsame Armee hinzu kommen. Das Konstrukt EU würde immer näher zusammen rücken.
Schon jetzt gibt es so etwas wie eine Europäische Armee. Das Eurokorps unterhält 60.000 stehende Truppen aus fünf europäischen Ländern. Hinzu kommen Deutsch-Französische Brigaden, das Deutsch-Niederländische Korps und weitere innereuropäische Brigaden und Korps.
Dabei sollte man aber beachten, dass diese Armee kein Gegenstück zur NATO wird, sondern eher den jetzigen Platz der einzelnen Mitgliedsstaaten einnimmt. Dies wäre friedenspolitisch sicherlich ein Rückschritt, wenn anstatt Konflikten zwischen Ländern, Konflikte zwischen Kontinenten in den Vordergrund treten.
Punkt III: Souveränität
Am 12. Juni 2014 war ein historischer Tag. Zwei Verteidigungsministerinnen zelebrierten feierlich eine bis dahin unbekannte Geste. Noch nie zuvor war dies passiert. In der hessischen Ortschaft Stadtallendorf, im Landkreis Marburg-Biedenkopf, wurde europäische Militärgeschichte geschrieben. Ursula von der Leyen und ihre niederländische Kollegin Jeanine Hennis Plasschaert waren die Stars der Zeremonie. Im Rahmen eines gemeinsamen Appells wurde die 11. Luftbewegliche Brigade des Königlichen Heeres der Niederlande mit ihren 2100 Soldaten dem Kommando der Division Schnelle Kräfte der Bundeswehr unterstellt.
Nie zuvor war ein militärischer Verband eines europäischen Landes in den Großverband eines anderen europäischen Landes eingebunden worden, nie zuvor hatte ein Staat auf diesen elementaren Kernbestandteil seiner Souveränität verzichtet.
In einer europäischen Armee wäre dies ebenso der Fall, auch für Deutschland. Alle Nationen müssten auf Kernbestandteile ihrer Souveränität verzichten und das elementare Recht auf eigene Verteidigungskräfte abgeben. Doch dies ist machbar, wie uns dieses Beispiel zeigt. Jeder Staat hätte weniger Rechte und Verantwortung, aber eine größere gemeinsame Pflicht.
In der Konsequenz könnte dies jedoch bedeuten, dass sollte es eine europäische Mehrheit für einen militärischen Einsatz geben, deutsche Soldaten gegen den Willen des deutschen Volkes im Krieg kämpfen und sterben könnten.
USA-EU Krise
Die USA sehen eine gemeinsame europäische Armee mit Skepsis, da sie einen eigenen Machtverlust fürchten. Eine große gebundene EU-Armee würde den US-Streitkräften in nichts nachstehen und somit bräuchte man den „großen Bruder“ nicht mehr. Auch die Briten sind gegen ein solches Projekt.
Bilder: Creative-Commons, Flickr: Antonio Ponte Bild I & Bild II
