Kobane ist befreit, so die Schlagzeilen vieler Zeitungen, in den letzten Tagen. Der IS ist die momentan medienwirksamste Terrorgruppe der Welt, trotz Al-Quaida und Taliban Anschlägen. Im Nahen Osten entsteht ein Machtkampf unter Gotteskriegern.
Die Welt schaut in Schockstarre gen Syrien, nach Rakka. Eine weiter Bluttat erschüttert die islamische Welt, die Verbrennung des jordanischen Kampfpiloten. Selbst islamische Theologen die den Salafisten nahe stehen verurteilen die Tat, denn so der einstimmige Tenor, nicht mal Prophet Mohammed habe Menschen verbrennen lassen, einzig Gott dürfe dies tun.
Doch mit dieser barbarischen Tat schaffte der Islamische Staat wiederholt ein kleines mediales Wunder. Alle anderen Terrorgruppen und Anschläge sind kaum einer Nachricht wert, wenn dann einer kleinen Randnotiz. Nach den Anschlägen von Paris war es anders, für eine kurze Zeit stand Al-Quaida im Fokus von allen Magazinen, dass Boko Haram zeitgleich eine Stadt niederbrannte und auf einen Schlag 2000 Menschen tötete oder dass am selben Tag eine Autobombe in Sanaa, der Hauptstadt des Jemens explodierte und über 30 Personen in den Tod riss, nur kleine Radnotizen. Überhaupt, für Al-Quaida ein sehr erfolgreicher Tag, denn Boko Haram ist der Ableger der Organisation in Nigeria und im Jemen ist die größte Al-Quaida Zelle verortet.
Kurz zuvor, Mitte Dezember erhielt die dritte große Terrororganisation mediale Aufmerksamkeit. Am 15. Dezember griffen Kämpfer der Taliban eine pakistanische Schule an und töteten unter anderem 80 Schüler und Schülerinnen. Die Welt hielt wieder ihren Atem an und war bestürzt.
Nun ist wieder der IS am Zug und mit brutaler Strategie katapultiert er sich wiederholt an die Spitze der Medienwirksamkeit. Nachdem die Terrormiliz erst die beiden japanischen Geisel hinrichten ließ , das wurde in Europa jedoch wenig diskutiert, veröffentlichte die Miliz nun das Video des verbrennenden jordanischen Soldaten. Dies rechtfertigt die Terrororganisation mit den Worten, des vor 700 Jahren lebenden radikalen islamischen Predigers Ibn Taimiyas: „Wenn die Verstümmelung des Körpers sie zum Glauben führt oder dazu, dass sie ihre Feindschaft aufgeben, dann ergibt sich für uns daraus die Erlaubnis zur Bestrafung und zum gerechtfertigten Dschihad.“
Drei Terrorgruppen mit der selben radikalen und brutalen Ideologie, die sich untereinander bekämpfen und verabscheuen, wie Al-Quaida und der IS in Syrien – klingt erst einmal gut. Nach dem Motto: „Sollen die sich alle töten, dann sind wir das Problem los“.
Jedoch gilt, anscheinend auch bei Terrororganisation, das Motto: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Besonders gut zu beobachten ist das in Syrien: Al-Quaida und IS-Milizionäre bekämpfen sich dort gegenseitig und streiten um jeden Quadratmeter Boden, bekämpfen zusammen dann jedoch die Truppen von Assad und die Kämpfer der Hisbollah, sowie sie zusammen gegen die Internationale Koalition vorgehen.
Taliban und IS führen ein ebenso absurdes Spiel. Anfang Februar nahmen Taliban-Kämpfer 46, zu der IS übergelaufene Kämpfer, fest. Grund: „anti-islamische Aktivitäten“. Ende November vergangenes Jahr wurde jedoch ein Brief der pakistanischen Taliban publik, in dem die Führer von Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) der IS ihre Unterstürzung, sowie Kampftruppen versprechen. Ein weiterer Brief der Taliban warnt den Islamischen Staat davor, zu brutal vorzugehen. In einem weiteren Schreiben der Taliban wird der IS nicht explizit erwähnt, doch wird dort von einem Schulterschluss zwischen allen radikalen islamischen Organisationen geredet. So heißt es: „Es ist es Wert, dass ein Scharia-Konzil, mit den Führern aller Dschihad-Fraktionen und den Angesehenen unter den Experten und Gelehrten in Sham (Syrien) gebildet wird, um die Konflikte zu lösen.“
Ende Januar wurde dann jedoch bekannt, dass der Islamische Staat nun auch Kämpfer, direkt und offensiv in den von Taliban und Al-Quaida kontrollierten Gebieten anwirbt. Das Problem der Taliban ist, dass „sie nicht wirklich eine sexy Ideologie oder militärische Macht haben.“, so ein westlicher Diplomat, der anonym bleiben möchte, zu der kanadischen National Post. Er sieht das Problem darin, dass die Taliban „out-of-date“ sind, also „nicht mehr modern“.
Das selbe Problem hat auch Al-Quaida. Dies beschreibt auch der Lebensweg des deutschen Dshihadisten Abu Mujhaid, der nach Syrien ging und sich zuerst dem dortigen Al-Quaida Ableger anschloss. „Ich habe mir gedacht, okay, al-Qaida – das ist schon der richtige Weg, da werde ich schon nicht falsch sein.“, so Mujhaid in einem Video auf Youtube. Weiter sagt er, haben diese Kämpfer den „Heiligen Krieg“ jedoch nicht so geführt wie er in den Büchern stehe, aber „Allah hat mir Türen aufgemacht“ und so sei er nun zum Islamischen Staat gekommen. „Jetzt bin ich froh, ich habe den Treueeid auf den Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi abgelegt“, frohlockt er. „Jetzt bin ich ein stolzes Mitglied des Islamischen Staates.“
Während der Islamische Staat durch grausame Methoden populärer wird, verlieren die anderen Organisationen an Soldaten und Sympathisanten. Dadurch entsteht die Gefahr, dass sich Al-Quaida und Taliban den Praktiken des IS annähern und / oder weitere große Attentate, Anschläge vorbereiten. Der Angriff auf die Schule in Pakistan der Taliban und die Attentate auf die Journalisten von Charlie Hebdo waren möglicherweise erst der Anfang. Der Machtkampf unter den Dschihadisten geht in die nächste Runde.
