Ein zentrales Wort in der Debatte um Flüchtlinge ist „Angst“ – Angst vor den Fremden, den Anderen und deren Kultur. Eine Analyse in sechs Punkten.
Pegida und AfD Bewegungen polarisieren dadurch, dass sie Ängste bedienen. So betrachten Pegida-Anhänger Einwanderer – Flüchtlinge, als „Zumutung“ oder gar als „Übel“. Hinzu kommt die Angst, dass sich „Deutschland für immer verändert“. Eine Angst die immer mehr Deutsche teilen.
Dass Veränderung fast immer positiv ist und Einwanderer einem Land, auch Deutschland, schon oft zum Aufstieg verholfen haben, wollen wir euch an sechs Beispielen zeigen.
1. Die deutsche Einwanderung ins Römische Reich formte Europa
Nun ist es Geschichte, dass das Weströmische Reich unterging und im Heilig Römischen Reich Deutscher Nation fortbestand. Bis dahin aber stellten Germanen eine nicht zu unterschätzende Minderheit, die zudem von den Römern integriert wurde. So gilt, bei Historikern, die „regna“ als eines der wichtigsten Instrumente der Integration der Germanen.
So nahmen die Germanen oft den christlichen Glauben an, ebenso wie die römischen Lebensstandards. Dies gab dem zerfallenden römischen Reich einen gewissen Schub und es hielt sich länger. Besonders da die Germanen eine Kooperationspolitik mit den zivilen Eliten führten. Die nachfolgende europäische Geschichte ist zu einem großen Maß auf dieser Einwanderung aufgebaut.
Der Historiker Patrick Geary sagte dazu: „Die germanische Welt war vielleicht die großartigste und dauerhafteste Schöpfung des militärischen und politischen Genies der Römer.“
Und damit meint er nicht Deutschland, sondern fast ganz Europa.
2. Blühende Landschaften, dank der französischen Einwanderungswelle
Nach dem Dreißigjährigen Krieg lagen viele Teile Deutschlands in Schutt und Asche. Besonders die Mitte Deutschlands hatte gelitten, viele Dörfer existieren nicht mehr. Ganze Landstriche waren entvölkert worden.
Daher luden zahlreiche Fürsten, die in Frankreich verfolgten, Hugenotten ein. Sie boten ihnen ein Zuhause. Allein nach Preußen kamen über 20.000 Glaubensflüchtlinge – für die damaligen Verhältnisse eine extrem hohe Zahl.
Noch heute erinnern Straßennamen und Städtenamen an diese Einwanderung, die Deutschland rasch zu einer neuen Blütezeit führte.
3. Ohne Einwanderung nicht denkbar: Deutschlands Aufstieg zur Wirtschaftsmacht
Noch heute wird von Ruhrpolen gesprochen, den Nachfahren der polnischen Einwanderer ins Ruhrgebiet. Im 19. Jahrhundert brachten diese neuen Arbeitskräfte Schwung ins Land. Besonders nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurden sie benötigt. Grund: Der Bedarf nach Arbeitskräften stieg in den Zechen sprunghaft an. Die heimische Bevölkerung im Ruhrgebiet, sowie Zugereiste aus anderen Teilen des Deutschen Reiches konnten die Nachfrage nicht decken.
Bis 1910 wanderten dadurch etwa 500.000 Polen aus dem Russischen Reich und Masuren ins Ruhrgebiet ein. Die Zechen liefen und Deutschland stieg zu einem der wirtschaftlich bedeutendsten Staaten der Welt auf. Dank den Vorfahren der Ruhrpolen.
4. Deutsche Flüchtlinge veränderten die USA grundlegend
In einer Volkszählung aus dem Jahr 2010 gaben rund 50 Millionen US-Amerikaner an, dass ihrer Vorfahren aus Deutschland kommen. Damit stellen Deutschamerikaner in den USA die größte Bevölkerungsgruppe dar.
Auch in der Geschichte sind die Deutschamerikaner nicht mehr wegzudenken. So gründeten Deutsche die beiden großen US-Brauereien Miller und Bush, auch Lebensmittelkonzerne wie Heinz oder der Technologieriese Boeing stammen aus der Einwanderungsgruppe.
Die meisten Deutschen flohen vor Verfolgung und wirtschaftlicher Not auf den neuen Kontinent. Besonders viele wanderten nach der gescheiterten Revolution 1849 aus, darunter viele deutsche Intellektuelle.
Hunderttausende der deutschen Auswanderer kämpften dann im amerikanischen Bürgerkrieg als Soldaten für die Nordstaaten. Sie teilten Lincolns Idee eines freien und gleichen Amerikas.
Aber auch nach Hitlers Machtergreifung flohen viele in die USA. Darunter so bekannte Köpfe wie Albert Einstein oder der in Fürth geborene, später weltbekannte, US-Politiker Henry Kissinger.
5. Ohne Zuwanderung wäre Bayern nicht das reichstes Bundesland
Wir erinnern uns, Bayern – ein Wald und Wiesen Land ohne nennenswerte Industrie oder Bevölkerung. Schon immer anders als der Rest der Republik.
Nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich das. Aus den Ostgebieten flohen bis 1950 1,8 Millionen Menschen nach Bayern. Das bedeutet einen Bevölkerungszuwachs um knapp 30 Prozent. In den grenznahen Gebieten der Oberpfalz, Frankens und Niederbayerns entstanden ganze neue Ortschaften.
Die Arbeitskraft in Bayern stieg immens an und so siedelten sich immer öfter Unternehmen in dem Freistaat an. Die Einwanderer von damals, sind mit ein Grund warum Bayern das reichste und zweitbevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands ist.
6. Ohne migrierte Mediziner droht ein Kollaps des Gesundheitssystems
Aus dem „International Migrant Outlook 2015“, der Organisation für wirtschaftlich Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht hervor, dass in den klassischen Einwanderungsländern mittlerweile so viel medizinisches Personal ausländischer Herkunft arbeitet, dass ohne diese Zuwanderer, dass Gesundheitssystem in seiner derzeitigen Form nicht vorstellbar wäre.
So stieg (seit 2001) in den USA, als Beispiel, der Anteil der ausländischen Krankenschwestern um 44 Prozent, in Deutschland um 15 Prozent. Der Anteil an migrierten Ärzten wuchs, im selben Beobachtungszeitrum, in Deutschland um 16 Prozent.
Das ist umso bemerkenswerter, weil der Bedarf an medizinischen Fachpersonal in den kommenden Jahren in der gesamten westlichen Welt aufgrund der alternden Bevölkerungen steigen wird.
Fazit
Es gäbe noch hunderte weiterer Beispiele, in denen Immigration einem Land zum Aufstieg verholfen hat – andererseits gibt es kaum ein Beispiel, in dem es anders war. Die Angst war immer da – so hatten die Provinzrömer Angst vor den einwandernden Barbaren. Die Bayern hatten Angst vor den Ostflüchtlingen, nach dem zweiten Weltkrieg.
Doch was wäre gewesen, wenn es nicht passiert wäre – Europa und die USA wären nicht das, was sie heute sind.
Ein Beispiel ist Japan – Ein extrem altes Land mit kaum Zuwanderung, ein Weg in den Kollaps. So fehlen Fachkräfte und die Steuereinnahmen sinken – anders in Deutschland. Um massenhafte Altersarmut zu verhindern, müsste Japan jährlich 500.000 Einwanderer aufnehmen. Wozu es, aufgrund der kulturkonservativen Politik, nicht kommen wird. Anders gesagt: Die negative Haltung Japans zum Thema Einwanderung – wird der Ruin des Landes sein.
Im Video: „Einfach nur Idioten“ – So stehen die Nürnberger zu Pegida
